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Wie du jemandem helfen kannst, Deutsch zu sprechen (ohne Lehrer zu sein)

Dann bist du kein Nachhilfelehrer. Du würdest es vorziehen, kein Nachhilfelehrer zu sein.


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Vielleicht bist du ein Freund, Mitbewohner, Kollege oder ein geduldiger Partner. Aber du willst trotzdem jemandem helfen, besser Deutsch zu sprechen – sei es dein Kumpel, ein Familienmitglied oder ein Bekannter. Nur weißt du nicht so recht, wie, ohne dass jedes Treffen wie ein Grammatik-Bootcamp wirkt, oder?


Gut so. Denn jemandem ganz locker beim Deutschsprechen zu helfen, ist nicht dasselbe wie ihn zu unterrichten. Es gibt da tatsächlich einen deutlichen Unterschied zwischen „unterrichten“ und „unterstützen im Gespräch“.


Unterricht ist Unterricht – Gespräch ist Gespräch

In einem Deutschkurs oder während einer klassischen Unterrichtsstunde ist alles klar strukturiert: Es geht um Grammatikregeln, Übungen, Vokabeln, Korrekturen und manchmal sogar Tests. Ziel ist es, die Sprache von A1 bis C2 systematisch zu lernen.


Aber wenn jemand einfach nur mit dir plaudert – in der Küche, beim Kaffee oder während eines Spaziergangs –, dann ist er im Alltagsmodus, nicht im Lernmodus.


Das bedeutet:

  • Die Person will nicht ständig korrigiert werden.

  • Sie möchte Selbstvertrauen gewinnen, nicht unter Beobachtung stehen.

  • Sie versucht, das zu nutzen, was sie bereits gelernt hat, anstatt neue Regeln dazuzulernen.

  • Und vor allem: Sie möchte das bisher Gelernte einsetzen und sich darin sicher fühlen.


Deine Rolle ist also nicht die des Mini-Goethe-Instituts. Du bist vielmehr ein Gesprächsbegleiter, der dabei hilft, den Spaß, den Fluss und das Vertrauen in die Sprache zu fördern.


1. Nur offensichtliche und wiederkehrende Fehler korrigieren


Ja, der Satzbau ist manchmal komisch. Die Artikel fliegen durcheinander. Und wenn du „Ich bin gegangen zu Schule“ hörst, zuckt dein innerer Grammatik-Polizist. Aber: Tief durchatmen.


Korrigiere nur dann, wenn...

  • Der Fehler immer wieder passiert

  • Die Bedeutung dadurch wirklich unverständlich oder schräg wird


Mach die Korrektur einmal, freundlich, möglichst mit einem Scherz oder einem alltagstauglichen Beispiel – und dann lass es gut sein. Dein Ziel ist, dass das Gespräch weiterläuft, nicht dass es in Einzelteile zerlegt wird.


2. Frag zuerst: Wie lernst du eigentlich Deutsch?


Bevor du überhaupt einen Tipp gibst, frag:„Wie lernst du eigentlich Deutsch?“


Warum? Weil du so oft besser verstehst, woher die Fehler kommen. Die meisten Fehler – sei es Grammatik, Aussprache oder Satzbau – sind nur die Oberfläche. Wenn du nicht weißt, wie jemand lernt, tappst du im Dunkeln.


Wenn jemand also sagt: „Ich mochte gehen zum Supermarkt heute Morgen“ oder „Ich reisen nach Türkei“, kannst du zwar die Sätze korrigieren, aber die Person wird es wahrscheinlich wieder falsch sagen – weil der Lernansatz selbst Lücken hat.


Wenn du aber verstehst, wie jemand lernt, kannst du viel gezielter und effektiver helfen.


3. Gib nur einen Tipp. Maximal zwei.


Du hast wahrscheinlich zehn super Tipps auf Lager, wie man flüssiger oder „nativ“ klingt – aber eins nach dem anderen!Die meisten Menschen können sich nicht 5+ Tipps auf einmal merken, vor allem nicht in einem lockeren Gespräch.


In Seminaren oder Unterrichtseinheiten? Klar, da ist Zeit für viele Tipps. Aber beim lockeren Sprechen – etwa auf MeetUps oder in der Küche – geht es nicht ums „Perfektmachen“, sondern ums „Lockersprechen“.


Zum Beispiel:

  • „Statt ‚Ich habe Spaß gemacht‘ sagt man ‚Es hat Spaß gemacht‘ – so sagt man das auf Deutsch.“

  • Oder: „Sag ruhig ‚ähm‘ statt ‚uhm‘ beim Nachdenken – das klingt gleich viel deutscher.“


Mehr brauchst du nicht. Lass den Tipp wirken. Wenn er sitzt, kommt die nächste Frage von ganz allein.


(Natürlich gibt es Ausnahmen – manche sind super motiviert und offen für mehr Feedback.) Aber im Schnitt gilt: Menschen wollen sich beim Sprechen wohlfühlen, nicht überfordert werden.)


4. Sprich auf dem gleichen Level – und in passendem Tempo


Ganz simpel: Wenn dein Gegenüber noch auf A2-Level ist, hau nicht mit B2/C1-Vokabeln um dich. Sprich langsam, einfach – aber nicht kindlich – und verwende Wörter, die dein Gesprächspartner bereits kennt.


Wenn sie sagen: „Ich war im … äh … du weißt schon … das Ding … Krankenhaus.“ Dann sag einfach: „Ah, im Krankenhaus?“ Geht’s dir besser? “ Du bringst das Gespräch zum Laufen, ganz ohne Vortrag. Denn jetzt ist Gesprächszeit, nicht Lehrerzeit!


5. Mach’s spaßig! (Karaoke hilft. Wirklich.)


Nichts killt Sprach-Selbstvertrauen so schnell wie Stress.Gerade wenn es um schwierige Themen oder unbekannte Vokabeln geht, kann Sprechen in einer Fremdsprache ganz schön anstrengend wirken.


Also: Bring die Sprache in spielerische Momente!

🎤 Karaoke? Schnapp dir ein paar leichte deutsche Songs und singt los, als würde keiner zuhören.

🎲 Spiele? „Ich packe meinen Koffer“, Uno oder Tabu auf Deutsch – easy!

🎭 Rollenspiele? Spielt Kellner und Gast, Einkaufen im Supermarkt oder genervter Bahnbeamter. Humor hilft!


Lass los. Lass sie Deutsch spielen, nicht pauken.


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Also, du bist kein Nachhilfelehrer. Du würdest lieber kein Tutor sein. Jemandem beim Deutschlernen zu helfen, erfordert keine Tafel oder ein Lehrbuch. Alles, was du brauchst, ist Empathie, Geduld und Lachen, um jemandem zu helfen, Deutsch zu sprechen. Du bist nicht sein Lehrer, du bist sein Gesprächspartner. Und glaub mir, das ist oft mächtiger als jede Grammatikübung!

 
 
 

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